Die Bilanz des digitalen Lernens

Eltern, Schüler und Lehrkräfte aus Köln und dem Umland bewerten die Schulen im Lockdown

Von Hendrik Geisler

95

%

der Befragten halten die
Digitalisierung der Schulen für
wichtig oder sehr wichtig

Der große Schul-Check
präsentiert von DEVK
Mehr als
11.
000
Befragte

Die Corona-Pandemie hat eine Krise an den Schulen ausgelöst, die bis heute anhält. Seit Monaten müssen Schüler in Köln und der Region von zu Hause lernen.

Der „Kölner Stadt-Anzeiger“ hat im „Schul-Check“ über den Jahreswechsel 2020/21 gefragt, wie gut der digitale Unterricht funktioniert.

I.

Allgemeine Erkenntnisse

Wie viele Lehrkräfte/Eltern/Schülerinnen und Schüler haben teilgenommen? Aus welchen Regionen? Welche Schulformen? Wie wichtig ist ihnen die Digitalisierung?

Lehrer geben sich im Schnitt eine 3 für digitalen Unterricht

Lehrer mit sich zufrieden

Knapp die Hälfte der mehr als 11.000 Antworten kommt aus Köln. Mehrere tausend gab es aus dem Rhein-Erft-Kreis, Rhein-Sieg-Kreis und Rhein-Berg-Kreis.

Mehr als 60 Prozent der Antworten stammen von Eltern, ein Viertel von Lehrenden. Etwas mehr als jede zehnte Befragte geht noch zur Schule. 95 Prozent aller Teilnehmerinnen und Teilnehmer sind sich einig: Die Digitalisierung der Schulen in der Region ist eine wichtige gesellschaftliche Aufgabe.

Die meisten Lehrerinnen und Lehrer sind zufrieden mit ihrer Leistung im Digitalunterricht. Sie geben sich im Schnitt die Note 3 – befriedigend. Jeder 20. gibt sich selbst die Note „sehr gut“.

Das Making-of

Weshalb der „Kölner Stadt-Anzeiger“ den „Schul-Check“ macht

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Auch Eltern und Schulkinder gehen nicht zu hart mit den Lehrerinnen und Lehrern ins Gericht. Sie geben für den Unterricht die Note „befriedigend minus“ (3,3).

Ihr Tenor: Viele Lehrende gäben sich große Mühe, auch digital einen ansprechenden Unterricht zu gestalten. Doch andere kämpften mit der Technik und beherrschten nicht den Wechsel vom Unterricht in der Klasse zum digitalen Lehren.

Die Kölner Schülerin Nya Freywald beim Unterricht zu Hause.
Die Kölner Schülerin Nya Freywald beim Unterricht zu Hause. / Foto: Michael Bause

Eindeutig urteilen die Lehrenden, wie sie in ihrem Studium auf den digitalen Unterricht vorbereitet wurden: Sie bewerten ihre Ausbildung im Durchschnitt mit „mangelhaft“. Zwei Drittel der befragten Lehrkräfte geben sogar die Note „ungenügend”.

II.

Der Blick auf die Regionen

Wie gut sind Schulen in der Region ausgestattet? Wo hapert es schon an stabilem WLAN? Wo gibt es Vollzeit-IT-Kräfte?

Note 4 – die kritischsten Bewertungen der Digitalisierung gibt es im Rhein-Erft-Kreis.

Unterschiede erkennbar

Eine weitere Erkenntnis: Es gibt kein grundlegendes Stadt-Land-Gefälle. Kölner Schulen haben in der Umfrage zum Beispiel sogar schlechtere Noten zum Stand der Digitalisierung erhalten (3,7) als etwa Schulen im ländlicheren Oberbergischen Kreis (3,3). Die schlechteste Note erhält der Rhein-Erft-Kreis mit einer glatten 4.

Starke Differenzen gibt es zwischen einigen Regionen bei der Versorgung mit einer guten kabellosen Internetverbindung. Im Rhein-Berg-Kreis berichten fast zwei Drittel des Lehrpersonals von schlechtem WLAN, während in Köln lediglich rund 41 Prozent davon betroffen sind.

Computerarbeitsplätze in einem Gemeindesaal in Ehrenfeld für Schüler.
Computerarbeitsplätze für Schüler in einem Gemeindesaal in Ehrenfeld. / Foto: Peter Rakoczy

Starke Differenzen gibt es zwischen einigen Regionen bei der Versorgung mit einer stabilen kabellosen Internetverbindung. Im Rhein-Berg-Kreis berichten fast zwei Drittel des Lehrpersonals von schlechten Netzen, während in Köln lediglich rund 41 Prozent davon betroffen sind.

Deutliche Unterschiede zeigen sich auch beim Einsatz digitaler Lehrmittel wie zum Beispiel Apps, Tablets oder interaktiven Whiteboards. Im Rhein-Erft-Kreis sagen 47,6 Prozent der Befragten, dass sie weniger als einmal pro Woche oder nie eingesetzt würden. Das ist der höchste Anteil verglichen mit Köln und den anderen Kreisen der Region.

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III.

Bewertung nach Schulform

Wie groß sind die Probleme, Schülerinnen und Schüler mit technischen Geräten zu versorgen? Welche Schulformen sind am besten gerüstet?

4- für Digitalisierung – Hauptschulen sind bei den Bewertungen im Hintertreffen.

Mangel an Tablets und Laptops

Auch die Schulform entscheidet darüber, wie digital fortgeschritten der Unterricht ist: An Gymnasien und Gesamtschulen berichtet rund ein Viertel der Befragten, dass es keine digitalen Endgeräten für Schülerinnen und Schüler gibt. An Hauptschulen sind es knapp 46, an Grundschulen 41 Prozent.

Hauptschulen schneiden bei Schulkindern und deren Eltern auch auch bei der Benotung des Unterrichts während der Corona-Krise am schlechtesten ab: 4,1. Die beste Durchschnittsnote 2,6 erhalten die Berufsschulen, gefolgt von Gymnasien, Gesamtschulen und Förderschulen.

Digitaler Unterricht im Klassenzimmer
Grundschulkinder in Monheim - Lerninhalte per Beamer. / Foto: Uwe Weiser

Keine Rolle spielt die Wahl der Schulform jedoch bei der Ausbildung von Lehrerinnen und Lehrer. Ganz gleich, ob sie an Gymnasien, Hauptschulen oder Grundschulen unterrichten: Mehr als 60 Prozent der Antwortgeber fühlen sich ungenügend auf die Herausforderungen durch Digitalisierung vorbereitet.

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„Es wäre einfacher, wenn alles online wäre.“

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IV.

Vorschläge zur Verbesserung

Was verstehen Kinder und Jugendliche, Eltern und Lehrende unter Digitalisierung? Was macht digitalen Unterricht aus? Wo gibt es Nachholbedarf?

62 Prozent wollen, dass Lehrer zu Fortbildungen verpflichtet werden.

Zu wenig politisches Engagement

Unabhängig von der Corona-Krise erachten mehr als 95 Prozent aller Befragten die Digitalisierung der Schulen in der Region als „sehr wichtig“ oder „wichtig“.

Mehr als die Hälfte der Befragten meint aber, dass die politischen Bemühungen, die Situation zu verbessern, keinesfalls reichten. Die Lehrenden vermissen insbesondere Endgeräte für alle Schülerinnen und Schüler, einen Vollzeit-IT-Beauftragten an jeder Schule und verpflichtende Fortbildungen.

Beispielhaft: Digitaler Unterricht an der Grundschule am Lerchenweg in Monheim. / Foto: Uwe Weiser

Schülerinnen und Schüler wollen, dass die Klassenzimmer besser ausgestattet werden und schnelle Internetanschlüsse an ihren Schulen nutzbar sind. Bei ihren Eltern überwiegt deutlich die Forderung nach verpflichtenden Fortbildungen der Lehrkräfte. Pädagogische Unterrichtskonzepte, die auf eine digitale Lehre ausgerichtet sind, spielen für sie kaum eine Rolle.

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„Ich finde die Zustände wahnsinnig erschöpfend.“

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V.

Mangelhafte Lehrerausbildung

Wie stehen junge und ältere Lehrkräfte zur Digitalisierung? Wird ihnen geholfen, den Distanzunterricht zu meistern?

Auch junge
Lehrer beklagen mangelhafte digitale Ausbildung

Viele Lehrkräfte ohne Fortbildung

Zwanzig Prozent der befragten Lehrerinnen und Lehrer haben angegeben, dass es trotz Corona-Krise noch immer keine Fortbildungen zum Distanzlernen gebe. Nur ein Drittel der Lehrenden hatte vor der Pandemie schon einmal eine Fortbildung zur Digitalisierung. Gut 42 Prozent der Befragten haben sich erst mit Konzepten des Digitalunterrichts befasst, seitdem wegen des Virus die Schulen geschlossen wurden.

Vor den Lockdowns waren E-Mails das meistgenutzte Mittel zur Kommunikation mit Schülerinnen und Schülern. Daran hat auch die Corona-Krise nichts geändert. Alternativen sind jedoch deutlich populärer als zuvor: Die Nutzung von Cloud-Datenbanken zur Hinterlegung von Schulaufgaben und Videokonferenzen als Ersatz des Klassenzimmers ist in die Höhe geschossen.

Lehrerin Maike Riehl im Herbst 2020 am Gymnasium „Neue Sandkaul“ in Köln-Widdersdorf / Foto: Martina Goyert

In den kommenden Wochen und Monaten geht die Redaktion des „Kölner Stadt-Anzeiger“ gemeinsam mit Expertinnen und Experten aus Wissenschaft, Elternschaft, Politik und Unternehmen auf die Suche nach den besten Lösungen für die vielfältigen Probleme an den Schulen in der Region. Der „Schul-Check“ ist die Grundlage für diese Arbeit.

Der Präsident des Lehrerverbands in NRW

„Wir können Distanzunterricht nicht befriedigend abhalten.“

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Mitwirkende

Kölner Stadt-Anzeiger:
Sarah Brasack, Martin Dowideit, Gianna Fischer, Lilianna Jasek, Nicolas Krizsak, Hendrik Geisler, Nikolas Janitzki, Christian Mack, Annika Müller, Frank Olbert, Alexandra Ringendahl, Sophie Rohringer sowie form

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Haben Sie Fragen oder Anregungen? Kontaktieren Sie uns unter schule@dumont.de

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